Sonntag, 20. Juni 2010

El alfabeto colombiano: T

Das kolumbianische Alphabet: T

T wie Taxi

Ein Taxi fährt mit 80 Sachen durch die Stadt. Der Taxifahrer rast ungebremst über alle Kreuzungen, ohne die roten Ampeln zu beachten. Ein wenig später wieder eine rote Ampel, die aber plötzlich auf grün schaltet. Der Taxifahrer macht eine Vollbremsung, die Reifen quietschen, der Fahrgast fliegt nach vorne, und das Taxi kommt gerade noch vor der Kreuzung zum Stehen.
Da wird es dem Fahrgast zu bunt. Vollkommen entnervt schreit er: "Sagen Sie mal, bei den roten Ampeln rasen Sie ungebremst weiter, und vor einer grünen Ampel machen Sie eine Vollbremsung. Was soll das eigentlich?" Entgegnet der Taxifahrer trocken: "Naja, es hätte ja sein können, daß jetzt ein Kollege kreuzt!"
Ein Witz in Deutschland - in Kolumbien genau so um zwei Uhr morgens erlebt. Die kleinen gelben Autos meist japanischer Herkunft machen gefühlt ein Viertel der gesamten Autos in Cali aus - realistisch geschätzt sind wir wahrscheinlich bei 5%. Immer noch viel. Wenn man ein Taxi braucht, muss man nur 20 Sekunden warten und schon kommen ein, zwei, drei Taxen vorbei. Doof nur, dass man sie nicht nehmen sollte - jedenfalls als Weißer nicht.
Schliesslich gibt es etwas, was sich "paseo milionario" nennt - die Millionärstour. Auf dem Weg zu seinem Ziel steigen dann plötzlich ein oder zwei Komplizen des Taxifahrers zu, um einen auf eine recht bestimmte Art und Weise - mit Waffengewalt - zur Herausgabe aller seiner Wert- und Unwertsachen zu zwingen.
Solche Geschichten tue auch ich oft als Schauermärchen ab, die Reisende abschrecken sollen - bis es dann passierte. Zum Glück nicht mir, aber dafür meinem besten Freund Eric und seiner Freundin Lisa in Bogotá. Während Eric nicht allzu deutsch aussieht, tut Lisa dies umso mehr - blonde Haare, blaue Augen, groß. (Ja, die Geschichte hab ich schon mal veröffentlicht.)
Nachdem sie im Dezember die Weihnachtseinkäufe erledigt hatten, stiegen sie in ein Taxi auf der Straße. Im Nachhinein fielen Eric zwei Sachen auf: Das Taxi war nicht registriert - das sind die Taxen wohl fast alle in Bogotá, während man hier in Cali lange nach einer Registrierung suchen kann - und der Taxifahrer hatte ein abgeschnittenes Ohr. Besser gesagt, er hatte es nicht mehr.
Aber wie das so ist, man wirft alle Ängste in den Wind und denkt sich, "da wird schon nichts passieren". Und ganz ehrlich - ich handle hier in Kolumbien dauernd so. Sonst kann man hier nicht leben. Die Gefahr gehört zur Lebenserfahrung, die ich hier mache, dazu. Ich versuche zwar, das Risiko zu minimieren und die Lebensfreude zu maximieren, aber irgendwie kollidieren die beiden immer.
In einer dunklen Straße stiegen dann zwei Männer zu, die ihnen sogleich ein Messer an den Hals setzten und mit Erics und Lisas Kreditkarten ein paar Geldautomaten abklapperten. Dritter Fehler - nie, NIE die Kreditkarte mitnehmen. Nach etwa einer Stunde wurden sie dann zum Glück unversehrt freigelassen. Sie waren zwar um etwa 700 Euro ärmer, aber neben dem Geld hätte ihnen ja noch viel mehr passieren können. Verletzung, Vergewaltigung, Mord. Siehe die Statistik bei G wie Gewalt.
In Deutschland hat wahrscheinlich der Taxifahrer Angst vor dem Fahrgast. Hier in Kolumbien ist es andersherum.

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