Montag, 7. Juni 2010

El alfabeto colombiano: G

Das kolumbianische Alphabet: G

G wie Gefahr

Mittlerweile sind drei Orte auf meiner "No-Go-Liste" eingetragen - jeweils dort, wo ich fast ausgeraubt wurde. Wichtig ist im täglichen Leben selbstverständlich, dass man ständig auf der Hut ist und keinen Reichtum zur Schau stellt durch Handys, Uhren oder Ketten. Das kann man aber auch in jedem Reiseführer lesen.
Doch wie ich selber feststellen durfte, ist es zudem von absoluter Priorität, immer in Bewegung zu bleiben. Bei einem flotten Schritt kann ein potentieller Angreifer schon einmal nicht zu Fuß von hinten kommen, da meine Beine ungleich länger sind als die eines Kolumbianers. Bei Gefahr von vorne kann ich dann gegebenfalls ausweichen - oder mich besonders groß und einschüchternd machen, sodass die andere Person die Straßenseite wechselt. Auf jeden Fall nie doof in der Gegend rumstehen, da macht man sich nur zum Opfer. Da denkt jetzt jeder: "Klar, macht Sinn." Nur habe ich diesen Hinweis noch nie gelesen, deshalb veröffentliche ich ihn hier.
Wenn ich an der Straße auf einen Bus warte, betrachte ich gerne mit einem wohligen Schauern die Schilder an den Bussen. Eine Liste der Ziele von recht gefährlich bis richtig heftig - da regieren die Gangs, wie bei GTA:

Floralia. Poblado. Mariano Ramos. Calimio. Decepaz. Siloë. Manuela Beltrán.
Uii, die Viertel am Ende sind schon richtig assig. In Manuela Beltrán wird pro Woche durchschnittlich eine Person umgebracht, und sei es nur für 5000 Pesos (2 Euro) in der Tasche. Und das sind jetzt nicht irgendwelche Gerüchte, denn ich habe das aus der Zeitung. Auf meine Bestürzung darüber meinte eine Lehrerin an der Schule: "Was, nur 50 Leute im Jahr? Hast du dich vielleicht verlesen und meintest Monat?" Nein, habe ich nicht.
1.645 Leute wurden in Cali letztes Jahr umgebracht, was bei etwa 2,5 Millionen Einwohnern einer Mordquote von 66 Leuten pro 100.000 Einwohnern entspricht. Deutschland im Vergleich dazu liegt bei etwa 1 Mord pro 100.000 Einwohnern. Was die hiesige Mordquote bedeutet, zeigt die folgende Rechnung: Von zwanzig Neugeborenen in Cali wird bei einer angenommenen Lebenszeit von 80 Jahren eines im Laufe seines Lebens umgebracht. Heftig, oder?
Selbst in Kolumbien sind wir führend! Die Gründe dafür sind einfach erklärt: in der Umgebung von Cali, im "Valle del Cauca" (Cauca-Tal), ist die Guerilla aktiv und vertreibt die Leute von ihren Dörfern, woraufhin sie in eines der Elendsviertel am Rande der Stadt ziehen. Dort haben besonders die jungen Leute, viele von ihnen Analphabeten, keine Aussichten auf einen Arbeitsplatz - und so entsteht die Gewalt hier.

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