Samstag, 26. Juni 2010

El alfabeto colombiano: Z

Das kolumbianische Alphabet: Z

Z wie Zeit

Zeit ist relativ. Das wusste schon Albert Einstein, doch dank Kolumbien weiß ich es jetzt auch! Besonders weil morgen ja auch noch ein Tag ist, stört es mich kaum mehr, wenn etwas nicht klappt. Auch jetzt, wo mir nur noch wenig Zeit bleibt und ich noch viel erledigen muss, gerate ich nicht in Eile. Was bringt es auch?
Irgendetwas wird mich eh wieder aufhalten - sei es mein noch nicht reparierter Computer, seien es die Kreuzung verstopfende Autos, sei es der nicht kommende Bus - oder sei es was weiß ich. Irgendwas ist immer. Egal.
Außerdem will ich mich nicht hetzen, sondern jede mir noch verbleibende Sekunde in Kolumbien aufs Höchste genießen und auskosten. So denkt ein Kolumbianer jeden Tag - genieße das Leben. Löblich, geht aber leider zu Lasten der wirtschaftlichen Produktivität. Doch wieso ist die Mentalität hier so?
Dafür gibt es ein Stichwort - Äquatorregelung. So habe ich das Phänomen getauft, das ich nach einem Jahr festgestellt habe. Auch euch dürfte bekannt sein, dass beispielsweise die Griechen entspannter sind als die Deutschen - besonders, was ordnungsgemäße Buchhaltung angeht. Ich behaupte, dass die Arbeitsmoral auf den Breitengrad zurückgeht. Je näher man dem Äquator ist, desto weniger eilig haben es die Leute.
Noch vor 50 Jahren musste man in Deutschland für den Winter vorsorgen. Gemüse und Obst wurden taggenau gesät und geerntet, da Frost oder Regen alles zerstören konnte. Nichts mit nächste Woche - heute, jetzt!
Hier am Äquator im tropischen Regenwald kennt man dieses Problem nicht. Wenn die Ananas heute nicht geerntet wird, dann halt morgen oder übermorgen. Und wenn sie dann vergammelt ist? Egal, gibt ja genug. So ein Regenwald wuchert ja vor sich hin - da macht ein Tag keinen Unterschied.
Überhaupt, was ist ein Tag, was ist ein Jahr? Ohne Jahreszeiten verliert man jeden Überblick. Wenn ich morgen aufstehe, könnte es genauso gut der 17. Januar oder der 5. Oktober sein - ich würde keinen Unterschied erkennen. Tag für Tag für Tag ist gleich.
So kann man mit gutem Gewissen einen Tag in der Hängematte verbringen. Oder zwei. Oder auch jeden Tag. So funktionierte es früher.
Heute funktioniert die Natur immer noch so - nicht jedoch die Wirtschaft. Bei solch einer Verhaltensweise gibt es keine Entwicklung, und so bezeichnen wir heute als Armut, was vor 50 Jahren genauso war. Die so lebenden Leute haben sich nicht geändert, nur die Umgebung!

1 Kommentar:

  1. Hey,
    sehr interessante These und sehr wahrscheinlich auch korrekt.
    Ein weiterer Grund dafuer ist auch, dass die Hitze die Arbeitsmoral im Allgemeinen etwas drueckt und Krankheitsvektoren nicht jaehrlich in einem Winter gekillt werden.
    Hab dazu mal ein sehr interessantes Buch gelesen, falls dich die Thematik echt interessiert. Such mal bei Wikipedia "The Wealth and Poverty of Nations" von David Landes. Link ging leider nicht. ^^

    Saludos!

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