Dienstag, 13. Oktober 2009

¡Feliz cumpleaños!

Herzlichen Glückwunsch!

Ich sitze gerade auf der Terrasse der Finca, während es seit langem endlich mal wieder regnet. Es ist wahrscheinlich knapp 20 Grad warm - während ihr in Deutschland wahrscheinlich die Grillkohle und Sonnencreme aus dem Schrank holen würdet, ist meine Gastfamilie drinnen und schläft, denn „hace frío“ (es ist kalt)!



Wie versprochen, seht ihr hier meine Reiseroute noch einmal grafisch dargestellt. Die Entfernungen sind zwar gar nicht so groß, doch erstens ist der Straßenzustand meist so, dass man nicht schneller als 80 Stundenkilometer fahren kann - obwohl die Kolumbianer mich da immer wieder überraschen - und zweitens ziehen sich auch noch die Andenausläufer durch das Land. So muss man andauernd Serpentinenpässe überwinden. Wie bei allen Bildern kann man auch bei der Karte auf das Bild klicken, um eine größere Ansicht zu erhalten.
Als ich mich gestern Abend gerade hingesetzt hatte, um das Neueste aus Kolumbien auf den Bildschirm zu bringen, wollte meine Gastmutter in ein Einkaufszentrum fahren. Gut, rechnet man nicht unbedingt am Sonntag um 7 Uhr abends mit, aber so etwas wie ein Ladenschlussgesetz gibt es hier nicht. Wenn der Chef müde ist - und das kann auch mittags um 12 Uhr sein, um eine Siesta zu machen - dann hat der Laden halt zu.
Ich kam also mit in der Hoffnung, für meinen Rasierer neue Klingen kaufen zu können. Gillette Fusion mit fünf Klingen sollte es ja wohl auch in Kolumbien geben. Auf meine Anfrage in Verbindung mit der alten Klinge bekam ich nur ein erstauntes „hijo de puta“ zu hören - eigentlich „Hurensohn“, hier aber mehr ein überraschter Aufschrei, denn sowas haben die hier noch gar nicht gesehen. In dem Supermarkt, in dem wir waren, ist der allerneueste Schrei ein Gillette mit 3 Klingen.
Anschließend traf ich mich noch mit Johannes, der auch mit AFS und mir nach Kolumbien gekommen ist und nach einem Familienwechsel nur zwei Minuten von mir entfernt wohnt, und schon war es nach Mitternacht und zu spät, den Blogeintrag zu verfassen. Doch da heute der Feiertag „Día de la Raza“ („Tag der Rasse“, als Erinnerung an die Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus und an die Unterdrückung der Ureinwohner) ist, habe ich genug Zeit. Feiertage werden in Kolumbien immer auf den folgenden Montag verschoben, sodass es im Jahr mehr als 10 solcher „puentes“ („Brücken“, also lange Wochenenden) gibt.
Aber eigentlich sollte es ja um Geburtstage gehen, und da fangen wir gleich mal mit meinem an. Nachdem ich den Vormittag alleine am hauseigenen Pool mit frischen tropischen Früchten wie Mango, Papaya, Ananas und Maracujasaft verbracht hatte, kam nachmittags und abends die ganze Familie zu Besuch.



Zur Torte gab es Eis und wie immer Aguardiente - eine seltsame Kombination, besonders weil man den Schnaps immer pur trinkt. Ich bekam von meiner Gastfamilie zwei T-Shirts geschenkt und von meiner Nachbarin Julianna einen Liter Bier.



 Julianna hat deutsche Vorfahren und geht auf die Deutsche Schule hier in Cali, sodass sie sehr gut Deutsch spricht. Ich versuche aber trotzdem, mit ihr so viel wie möglich Spanisch zu sprechen, und das klappt auch schon ganz gut.

 

Hier bin ich mit meiner Gastfamilie zu sehen ...



... und hier mit Juan Camilo (der Freund meiner Cousine Daniela), Julianna, ich, mein älterer Gastbruder Sebastián, mein jüngerer Gastbruder Daniel, meine ältere Cousine Daniela und meine jüngere Cousine Valentina.
Am Donnerstag wurde Daniel dann 17 Jahre alt, und natürlich kam wieder die ganze Familie zu Besuch.



Von links nach rechts sind zu sehen: meine Tante Claudia, Juan Camilo, Daniela, Lady (die Schwester der Oma) und mein Gastvater Javier.
Anschließend kamen etwa 40 Freunde meines Gastbruders, und wir saßen unten vor dem Hochhaus und feierten dort. So etwas wie Nachbarn, die sich über Lärm beschweren, gibt es hier anscheinend nicht - in Deutschland wäre schon längst der Hausmeister mit Verweis auf §5 Absatz 2 des Lärmschutzgesetzes der Wohnanlage angekommen. Doch der Straßenlärm ist hier fast genauso laut wie 40 Jugendliche.
Wie ihr sehen könnt, ist in Kolumbien die Familie sehr wichtig und man trifft sich eigentlich jedes Wochenende. Zudem hat in der Großfamilie andauernd irgendein Onkel oder eine entfernte Tante Geburtstag, die alle in Cali wohnen. Mittlerweile empfinde ich die ständigen Feiern und Familientreffen als ein bisschen nervig, da besonders die älteren Frauen ganz begeistert von mir und meinem Aussehen sind und mir so von der Oma oder ihrer Schwester oder ihrer Schwippschwägerin dritten Grades oder von sonst wem durch die Haare gefahren wird und ich abgeknutscht werde. Doch da beispielsweise die Oma jedes Wochenende mindestens einen ganzen Tag bei uns zu Hause verbringt, kann man dem nicht entkommen, es sei denn, man trifft sich mit Freunden und Freundinnen.
Freundinnen zu finden ist hier deutlich einfacher als Freunde zu finden, und meine Gasteltern rätseln auch schon regelmäßig darüber, wie viele „novias“ („feste Freundinnen“) ich denn eigentlich habe neben den fünf Frauen, die beim Bäcker arbeiten und jedes Mal über das ganze Gesicht strahlen, wenn ich mit meinem Gastvater bei ihnen einkaufen gehe. Doch sobald man hier eine feste Freundin hat, gehört man mit zu ihrer Familie, wie man bei meiner Cousine Daniela und ihrem Freund Juan Camilo sieht - er ist jede Woche bei den Familientreffen dabei.
Auf noch mehr Abgeknutsche und Durch-die-Haare-wuscheln habe ich jedoch keine Lust (durch Mädchen gerne, aber bitte nicht von ihrer Familie), und außerdem möchte ich zunächst so viele Leute kennen lernen wie nur möglich. Daher möchte ich momentan noch keine feste Freundin, obwohl ich von zwei hübschen Mädchen doch recht eindeutige Angebote erhalten habe.



Von Freitag bis Samstag waren Flo (links) und Olli (rechts) aus Popayán, zwei Autostunden südlich von Cali, bei mir zu Hause. Die beiden sind mit mir und AFS nach Kolumbien gekommen und arbeiten in der 250.000-Einwohner-Stadt genau wie ich im Colegio INEM. Wir haben gemeinsam Cali besichtigt und anschließend das Schwimmbad unseres Hauses unsicher gemacht - man darf sich das jetzt nicht als Riesenbecken vorstellen, optimistisch geschätzt ist der Pool 5 mal 10 Meter groß.
Flo und Olli sind allerdings deutlich beschäftigter als ich. Ich habe noch eine Woche Ferien und, wie ich gehört habe, im November wieder eine Woche frei. Außerdem ist dann am 11. Dezember auch schon wieder Schulschluss. Kein Wunder, dass die Schüler kein Englisch können!

Auf mehrfachen Wunsch hin schreibe ich die Blogeinträge ab sofort immer am Samstag, sodass man schon am Sonntag Neues aus Kolumbien erfährt. Soweit jedenfalls der Plan, aber wie ihr ja mittlerweile wisst: "¡Colombia es pasión!"

Euer Lars

1 Kommentar:

  1. Hey, ich hab mir gerade deinen ganzen Blog durchgelesen und bin beeindruckt. Mach weiter so (:

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