Samstag, 17. Oktober 2009

El representante del gobierno alemán

Der Vertreter der deutschen Regierung

Neulich war bei uns in der Schule die "graduación" - vergleichbar mit der deutschen Abi-Entlassung. Ich wurde von einer Schülerin eingeladen und machte mich also in meinen Ferien auf den Weg zur Schule, um morgens um 8.30 Uhr in der Turnhalle zu sein.



Alle Schüler trugen sowohl Talare als auch diese Hüte, die am Ende in die Luft geschmissen wurden.

Hier in Kolumbien sind alle Frühaufsteher - so fängt zum Beispiel am Colegio INEM die Schule morgens um 6.30 Uhr an, und auch die Schule meines Gastbruders beginnt um 7 Uhr. Das liegt zum Einen an der Zeitzone, denn die Sonne scheint hier immer von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends, und zum Anderen an der Hitze, die über den Tag hinweg immer mehr wird. Das hiesige Wetter könnt ihr übrigens jetzt auch in meinem Blog, auf der linken Seite ganz oben, mitverfolgen.
An der Schule angekommen, lud mich der Rektor ein, doch zu ihm und den anderen wichtigen Personen nach oben auf das Podium zu kommen, während die "normalen" Lehrer unten sitzen blieben. Als dann die Veranstaltung mit 20 Minuten Verspätung - Colombia es pasión - begann, wurde ich als der "Vertreter der deutschen Regierung, Lars V?§$!%#&" - mit meinem Nachnamen haben die Kolumbianer doch schwer zu kämpfen - vorgestellt.



Am Anfang klatschen alle noch ...



... am Ende nicht mehr - das ist mir erst bei der Betrachtung der Videos aufgefallen!

Ich bin hier ein Aushängeschild in meinem Projekt und, in gewissem Maße, auch für meine Familie. Überall werde ich stolz als ein weiterer Sohn der Familie vorgestellt - sei es im erweiterten Familienkreis, gegenüber Freunden, Mitarbeitern oder bei der örtlichen Bäckerei.
Daraufhin werde ich meistens von diesen Leuten ebenfalls eingeladen, doch mal zu Ihnen nach Hause zu kommen, um ihre Familie - meist werden die Töchter erwähnt - kennen zu lernen, um Salsa zu lernen oder um Englisch mit ihnen zu sprechen. Man lernt hier wirklich schnell viele Leute kennen, und auch auf der Straße werde ich oft angesprochen, wenn ich gerade mal wieder warte - und das muss ich häufig, sei es auf den Bus, einen Freund oder eine Freundin.
So kam am Dienstag ein Schwarzer auf mich zu und fragte mich, woher ich komme und was ich hier machen würde. Nach zwei Minuten lenkte er dann das Gespräch in Richtung Drogen und sagte, ein Gramm Haschisch koste hier umgerechnet 35 Cent und ein Gramm Kokain 3,50 Euro.
Nachdem ich ihm sagte, dass ich keine Drogen nehme, redeten wir noch eine Weile miteinander über die kolumbianischen Mädchen - das ist hier das Standardthema, wenn man mit einem Mann redet, und sie sind ja wirklich hübsch! Dann verabschiedete er sich höflich und ging wieder, und ich frage mich bis heute, ob er mir jetzt Drogen verkaufen wollte oder mich einfach nur kennen lernen wollte.
Ein paar Tage zuvor wurde ich ebenfalls beim Warten von zwei Männern angesprochen, ob ich wüsste, wo es hier "chicas" ("Mädchen") gäbe. Ich verschwieg ihnen, dass ich auf ein Mädchen wartete, aber wahrscheinlich waren sie auch nach einer anderen Sorte aus, mit der ich leider nicht dienen konnte. Seltsamerweise kamen sie dann in den nächsten zehn Minuten zweimal wieder und wiesen mich jedes Mal darauf hin, wie gefährlich es doch sei, hier alleine zu warten.
Kurzer Überblick über die Situation: Ich stand um die Mittagszeit vor einem der teuersten Hotels der Stadt, dem "Torre de Cali" ("Turm von Cali" - da kann man für 3,50€ auch nach oben fahren und sich die Stadt anschauen, was ich bisher noch nicht gemacht habe), etwa zehn Meter neben einem bewaffneten Wachmann.



Ein Blick auf die Innenstadt vom "Torre de Cali" - aber von unten.

Da habe ich hier schon deutlich gefährlichere Sachen gemacht, wie zum Beispiel eine unbeleuchtete Straße um 20 Uhr entlang gelaufen, 600 Meter lang, ohne Häuser an der Seite, Fußweg wild bewuchert. Aber da bin ich tatsächlich gelaufen und nicht gegangen - wozu gehe ich denn hier auch fast täglich ins Fitnessstudio - und im Nachhinein war die ganze Aktion auch ziemlich dumm, da sollte man sich dann besser das Taxi leisten. Aber irgendwie war ich zu dem Zeitpunkt zu geizig dazu, und ich bin weder überfallen noch überfahren worden. Glück gehabt.
Ansonsten besuche ich beim Warten oft die örtlichen Supermärkte und kaufe meistens irgendwelche Früchte - so zum Beispiel zum Spottpreis von 70 Cent fünf Granadillas, oder für 35 Cent sechs Minibananen.



Die kleine Bananenstaude - gut und günstig!



So sehen Granadillas von außen aus...



... und so von innen.

Am einfachsten sind die "Fischeier", geschmacklich einer Maracuja ähnelnd, mit einem Löffel zu essen, aber auch herausschlürfen ist möglich.
Gummibärchen hingegen sind hier exorbitant teuer, für 100 Gramm im Discounter zahlt man etwa 1,30€. Die Kolumbianer stehen mehr auf harte Süßigkeiten wie Lollis. Daher lasse ich mir von meiner Gastmutter eine Menge deutscher Süßigkeiten importieren, denn sie ist ab heute für zwei Wochen in Europa mit ihrem Unternehmen "Comfandi", und in der zweiten Woche wird sie für die ExpoKolumbien in Berlin sein.
Meine Gastmutter scheint in ihrem Unternehmen ziemlich wichtig zu sein, denn sie fliegt zusammen mit dem Chef des Unternehmens und dem Bürgermeister. Ebenfalls habe ich neulich herausgefunden, dass sie durch ihren Job den Präsidenten Kolumbiens, Alvaro Uribe, persönlich kennt - er sei, so Maria Nelly, "muy querido" ("ein sehr lieber Mensch").
Wer mir also nach Kolumbien etwas schicken möchte, kann dies meinen Eltern geben, die meine Gastmutter treffen werden. Da sie nur einen Koffer mitnimmt, aber auf dem Rückflug zwei Koffer Freigepäck hat, werden meine Eltern eine Reisetasche mit maximal 23 Kilogramm Gewicht packen - also genug Platz für etwaige Geschenke für mich. Geht schneller als die Post - und es kostet nichts!

Euer Lars

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