Sonntag, 21. Februar 2010

La vida cotidiana. Parte Dos

Das alltägliche Leben. Teil Zwei


Irgendeine Ecke in Cali.

Donnerstag, 11. Februar 2010

Ich quäle mich um 8 Uhr morgens aus dem Bett. Eine Stunde Unterricht muss ich heute geben, und ich kämpfe mit mir. Soll ich hingehen? Mein Bauch sagt nein, du kennst doch diese Schule, das wird eh nichts - mein Kopf sagt ja, du bist hier schließlich zum Arbeiten. Am Ende setzt sich mein Kopf durch und ich entschließe mich, hin und zurück 90 Minuten mit dem Bus zu fahren, um 60 Minuten zu unterrichten.
Ich warte auf den MIO und freue mich, dass der Bus ist so gut wie leer ist, es stehen nur zehn Leute. Ich sollte öfter erst um neun Uhr zur Schule fahren. Spätestens jetzt solltet ihr verstanden haben, dass "leer" und "voll" bezüglich des ÖPNV hier doch ganz andere Bedeutungen haben. Eigentlich gibt es nur "voll" und "sehr voll". Ich steige also ein, und irgendwer scheint es gut mit mir zu meinen, denn eine halbe Minute später steht jemand auf und ich kann mich hinsetzen. Das ist etwas, das ich in Deutschland noch nie so realisiert habe - das Glück, einen Sitzplatz im Bus und in der Bahn zu haben. Übrigens habe ich gerade in der Zeitung gelesen, dass die Betreiber des MIO - privatwirtschaftlich, wohlgemerkt - unzufrieden über die Auslastung des MIO sind, denn es sind etwa 30% weniger Fahrgäste als prognostiziert. Wenn ich morgens zwei Minuten brauche, um an den Menschenmengen in der Station vorbeizukommen, die auf einen Bus warten, und das schon 30% weniger als erwartet ist, klingt das für mich wie blanker Hohn. Wieso wurden denn dann überhaupt Sitzplätze in die Busse eingebaut? Ich kann in dem Falle nur den Einsatz von Viehtransportern empfehlen.
Ich komme also in der Schule an und will noch schnell ein paar Kopien machen. Eine andere Frau steht an und sagt mir, der Kopiermann käme "ahorita" (gleich, wörtlich genommen lustigerweise die Verkleinerungsform von jetzt). Da Verkleinerungsformen immer eine Möglichkeit sind, sich um genaue Angaben zu drücken, gehe ich lieber zum zweiten Kopierer, denn "ahorita" kann alles zwischen 10 Sekunden und 2 Stunden bedeuten.
An meiner Schule ist so gut wie alles privatisiert - so neben den Kopien unter anderem die Toiletten und das Toilettenpapier. Wir Lehrer haben zwar eine eigene Toilette, aber kein Papier - das muss man sich selber mitbringen oder kann es von den Klofrauen kaufen. Die Toilette hat keine Brille, genau wie 99% aller öffentlichen Toiletten in Kolumbien - ich war drauf und dran, "natürlich" zu schreiben. Die fehlenden Klobrillen und das dauernde Stehen im Bus sind einfach Sachen, an die man sich gewöhnt und wo sich die Erwartungshaltung herunterschraubt. Der Vorteil dabei ist, dass man anfängt, sich auch über die kleinen Dinge im Leben zu freuen.
Ich hole also 10 Kopien für 50 Pesos, etwa 2 Cent, das Stück. Schließlich gibt es keine Schulbücher in meiner Schule. Zum Glück bezahlt AFS die Kopien, sonst wüsste ich nicht, wie ich Unterricht machen sollte. Als ich meine Schüler abholen will, sind sie noch nicht da und ich warte mit dem Lehrer auf sie. Der Lehrer spricht zwar ganz gut Englisch, ist aber mehr auf seine sozialen Beziehungen zu den Schülern fixiert - ergo, sich bei niemandem unbeliebt zu machen - als darauf, ihnen etwas beizubringen. Seine 11. Klasse spricht komplett kein Wort Englisch. Ihr denkt, das ist übertrieben? In seiner Klasse kann kein Schüler auf Englisch sagen, wie er heißt. Aber dafür bin ich ja da. Genau dieser Lehrer hat sich dann gedacht, er könnte mir seine ganze Klasse geben und eine ruhige Kugel schieben. Aber da mache ich nicht mit und habe ihm klar und deutlich gesagt, ich arbeite mit maximal 12 Schülern und das sei mit dem Rektor abgesprochen. Schließlich kann man hier einfach mit 35 Schülern keinen vernünftigen Unterricht machen - und ich ohne pädagogische Ausbildung sowieso nicht.
Als meine Schüler dann kommen, sind schon 15 Minuten vergangen. Wir gehen in einen anderen Raum und die Schüler sollen sich vorstellen - das haben wir letzte Woche geübt. Aber wie das nun einmal so ist, keiner hat was gelernt, keiner kann was, keiner weiß was. Noch vor sechs Monaten wäre ich explodiert, doch nach einem halben Jahr Kolumbien bringt mich nichts mehr so schnell aus der Ruhe. Mit 16 Jahren sind die Schüler schließlich für sich selbst verantwortlich und ich biete ihnen an, ihr Englisch zu verbessern. Für die meisten ist es neu, dass jemand sie einmal direkt anspricht, da sie in einer Klasse mit nur 12 Schüler viel mehr in meinem Augenmerk sind. Doch wenn sie nicht wollen, dann denke ich mir meinen Teil und biete ihnen trotzdem weiter meine Hilfe an. Meine Hoffnung ist, dass sie irgendwann wollen.
Wir machen also alles aus der letzten Stunde noch einmal mit Lautschrift und ich habe gerade eine halbe Stunde mit ihnen gearbeitet, da müssen sie auch schon zu einer "reunión" (Treffen) mit einem Lehrer. Wie jetzt, wir haben doch noch eine Viertelstunde Unterricht? Ja, aber es sei wichtig und so weiter bla bla. Na gut, alle die dahin gehen müssen, sollen gehen, die anderen bleiben hier. Ich bleibe allein zurück. Hatte ich mich eigentlich einmal gewundert, dass das Englischniveau der Schüler so schlecht ist? Jetzt weiß ich es jedenfalls.
Ich gehe frustriert zum Supermarkt und kaufe mir ein Achterpack Snickers zum Preis von 6. Irgendeine Sonderaktion gibt es immer für irgendwas. Leider bin ich jetzt an der zweiten Busstation, wo unter Garantie kein Sitzplatz mehr frei ist. Ich könnte auch eine Station zurückfahren, aber ich will nach Hause. Als den Bus kommt, ist er noch recht leer - ich kann gut stehen. Doch nach zwei Stationen steigt der Mann, neben dem ich stehe, aus, und ich kann mich hinsetzen. Die Frustration geht langsam zurück durch die Zufuhr von Schokolade in Form von Snickers. Als ich aussteige, scheint die Sonne. Ich bin glücklich.


Dieses Taxi stand einmal bei uns mitten auf der Kreuzung, mutterseelenallein ohne Fahrer. Gekidnappt? Benzin alle? Fahrer einen Kaffee trinken gegangen?

Freitag, 12. Februar 2010

Auf meinem Stundenplan stehen vier 10. Klassen für heute. Nachdem ich ein paar Kopien gemacht habe, fängt auch schon die erste Stunde an. Wir lesen wieder Lektion 2B - insgesamt werde ich das 22 Mal machen, mit jeder Klasse einmal. Das macht die Arbeit natürlich etwas langweilig, aber auf der anderen Seite freue ich mich, endlich richtig etwas zu tun.
Diese Freude geht eine Stunde später wieder verloren, da meine Klasse nicht kommt. Ich finde die Lehrerin, die mir erzählt, die Klasse hätte gerade "aula hogar" (Klassenrat). Na toll, wieso muss das jetzt in meiner Stunde sein? Und wieso erfahre ich so etwas eigentlich immer erst zu spät? Nach 5 Wochen Unterricht nach den Ferien habe ich diese Klasse kein einziges Mal gesehen. Es ist typisch für diese Schule, dass immer irgendwas ist, sodass kein Unterricht stattfinden kann, sei es eine Versammlung, eine Demonstration (so wie die Woche zuvor) - oder die Schule fällt aus "wegen is' nich" (z.B. am Tag nach der Demo), wo keiner weiß, warum eigentlich frei ist. Hauptsache, keine Schule. Aber wie bei der Klassenratsstunde erfahre ich meistens zu spät von allem und stehe dann dumm in der Schule rum, wie bestellt und nicht abgeholt.
Die dritte Stunde verläuft dann nach Plan, bis fünf Minuten vor Ende eine Lehrerin reinkommt und meint, es sei Pause. Wie fast immer hat sie ihre Schüler zu früh in die Pause geschickt, doch ich weise sie darauf hin, dass ich das Lehrerzimmer, wo ich unterrichte, noch fünf Minuten benötige. Lehrerzimmer klingt natürlich heftig, aber im Endeffekt ist das so groß wie ein Klassenraum, hat 15 Stühle, eine Tafel und eine Kaffeemaschine für den obligatorischen "cafesito" (Käffchen). Die Lehrerin wandert jedoch weiter durchs Lehrerzimmer und verkündet lauthals, jetzt sei Pause. Gut, wenn sie's drauf anlegt, bitteschön. Ich weise meine Schüler darauf hin, dass wir noch fünf Minuten Unterricht haben. Keiner packt seine Sachen, sondern alle hören mir zu. Die Lehrerin verlässt vernichtend geschlagen das Schlachtf... - äh, das Lehrerzimmer.
Das klingt vielleicht gerade so, als ob ich alle Lehrer gegen mich aufhetzte, aber das Gegenteil ist der Fall. Ich verstehe mich mit fast allen super und werde ab und zu von ihnen nach Hause eingeladen, zu Feiern oder einfach mal so. Ich arbeite aber gründlich und gewissenhaft und wenn Lehrer mir ihre Arbeit aufbürden wollen oder mir meine Unterrichtszeit klauen wollen, dann muss man auch mal "Nein" sagen. Ich persönlich habe das Gefühl, ich arbeite kaum - die Lehrer und der Rektor hingegen sagen mir dauernd, wie arbeitsam ich sei. Wie unterschiedlich die Einschätzungen doch sind.
Die vierte Klasse hingegen kommt wieder nicht, da die betreffende Lehrerin zum Arzt gegangen ist und die Schüler dann frei haben. Meine 12 Schüler hätten zwar eigentlich kommen sollen, aber hatten anscheinend keine Lust. Ich denke dann immer wieder an das Sprichwort "Dienst ist Dienst, und Schnaps ist Schnaps". Ich will nicht behaupten, dass meine Lehrer in Deutschland nie während ihrer Arbeitszeit zum Arzt gegangen sind, doch es ist ja nicht nur das - es existiert einfach keine Trennung zwischen Arbeit und Freizeit, wenn ein Lehrer während der Schulstunde mit irgendwem über sein Handy telefoniert. Als Lehrer sollte man schließlich auch Vorbild für die Schüler sein bezüglich Anwesenheit, Pünktlichkeit und Arbeitsverhalten.
Auf dem Rückweg fahre ich an mehreren Straßen vorbei, die gerade komplett gesperrt worden sind. Endlich werden die Buckelpisten mal erneuert. Es tut sich was in Cali! Straßen sind hier zwar breit, aber meistens ist irgendeine Spur wegen irre tiefer Schlaglöcher nicht nutzbar und Slalom fahren ist angesagt. Ich komme zu Hause an und wundere mich nicht mehr, dass ich an einer vierspurigen Einbahnstraße wohne, die einen Mittelstreifen hat, was man in Cali recht häufig sieht. Wozu? Das Ganze ist historisch bedingt und liegt daran, dass alle paar Jahre Einbahnstraßen umgedreht oder zu normalen Straßen umgewandelt werden - und andersherum. Mein Gastvater Javier meinte dazu, dass die Verkehrsminister halt immer irgendwas ändern müssten, sonst brauchte man sie ja nicht. Wohl wahr. Ich stelle mir vor, wie der Garstedter Weg bei mir zu Hause nur in Richtung Flughafen oder dann plötzlich wieder nur in Richtung Innenstadt befahrbar wäre, und bewundere daraufhin meine Gasteltern für ihre innere Ruhe.

Sonnabend, 13. Februar 2010

Morgens gehe ich einen anderen Weg zur Avenida Roosevelt, um den Bus zu nehmen. Sowohl die Linie 2 von "Amarillo y Crema" (Gelb und Beige) als auch die 6 von "Verde San Fernando" (Grüner "San Fernando" - das Viertel, in dem ich wohne) würden mich zu Diana bringen., um Deutsch zu unterrichten. Die Busse haben vorne im Fenster immer Tafeln, auf denen steht, wo sie hinfahren. "Ciudad 2000" (Stadt 2000) soll's sein. Heute kommt der "Amarillo y Crema" zuerst und für 1500 Pesos, 50 Cent, quetsche ich mich in eine Sitzreihe, bei der im Vergleich ein Ryanair-Sitzplatz erste Klasse erscheint.


Nach drei Stunden Deutschunterricht will ich zum Einkaufszentrum Palmetto und suche ich die Linie 2 von "La Ermita" (Name der gezeigten Kirche in Cali). Ich laufe aber an einer Abzweigung vorbei und stehe 20 Minuten doof an einer Kreuzung herum, bis ich merke, dass der Bus hier wohl nicht vorbeifährt. Also laufe ich wieder zurück und probier's nochmal. Ich höre einen lauten Knall. Ein Schuss? Wie hört sich sowas wohl an? Sehen tu ich aber nichts, also laufe ich weiter und finde meinen Bus. Der biegt dann auch 10 Meter später ab - kein Wunder, dass ich ihn an der Kreuzung nicht gefunden habe. Dafür sehe ich nun, was so laut geknallt hat: Ein Bus hat ein Motorrad volle Kanne erwischt.
Schutzkleidung? Bei 30°C in Cali? Wohl kaum. Dafür die obligatorische Weste, die das Kennzeichen noch einmal zeigt, und hoffentlich einen Helm. Es gibt in Cali etwa 250.000 Motorräder - jeder zehnte Einwohner besitzt also eins - und 10.000 Unfälle mit Motorrädern jährlich. 4% - das ist verdammt viel. Aber so wie die Leute hier fahren, kann man beim besten Willen nichts anderes erwarten. Besonders im MIO sieht man immer wieder, wie die Leute den Bus einfach übersehen. So ein 18 Meter langer blauer Bus auf einer extra Busspur ist ja auch recht unauffällig. Fahrräder, Spaziergänger, Motorräder, Autos, alle laufen und fahren über die Busspur, ohne sich einmal umzusehen. Man denkt wirklich, sie haben keine Augen im Kopf. Ich glaube, ich wäre kein guter Busfahrer hier. Mich regt das ja schon als Fahrgast auf.
Ich komme also im Palmetto an, um ein Hemd zu tauschen. Ich hatte es zu Weihnachten bekommen, aber weder Farbe noch Größe passten zu mir. Anderthalb Monate später umtauschen? Kein Problem, sofern man die Nummer seiner "cedula" (wie ein Personalausweis, auch für Ausländer verpflichtend), seine Telefonnummer und sein Geburtsdatum preisgibt. Sonst noch was? Wie Eric aus Bogotá so schön sagte: "Ich bin der Eric, meine Lieblingsfarbe ist blau und ich ess' gern Kaiserschmarrn." Wär doch mal was.
Ich werde also von zwei Angestellten betreut und mit Komplimenten bedacht. Ach, wie schön mir doch dieses oder jenes Hemd stünde und sowieso alles. Ich fand mich an diesem Tag nicht besonders attraktiv, da mein Gesicht allergisch auf die 40°C in dieser Woche reagiert hatte, aber was soll's. Ich bedanke mich also freundlich, aber lehne die Bekanntgabe meiner Handynummer mit den Worten "Ich habe schon eine Freundin, tut mir Leid" ab - habe die Lacher der fragenden jungen Dame und ihrer Kolleginnen dabei auf meiner Seite - und will nach Hause. Das Palmetto liegt nur leider etwas unglücklich an einer Straße, wo der MIO nicht fährt. Die normalen Busse würden mich nicht nach Hause bringen, sondern vier Blocks weit weg. Da das Palmetto nur ungefähr 10 Blocks von zu Hause weg ist, spare ich mir den Bus und laufe lieber.
Mittlerweile bin ich recht paranoid geworden und wäre, so glaube ich, ein guter Geheimagent - nicht in Kolumbien natürlich, dafür falle ich viel zu sehr auf. Das wird sich sicherlich auch wieder geben, aber nach letztem Sonntag habe ich nur noch Augen für die Hände der Leute. Haben sie ein Messer? Wenn ich die Hände nicht sehen kann, ist mir jemand sofort verdächtig. Neulich war ich im Fitnessstudio auf dem Laufband im Erdgeschoss und sah vor dem Fenster einen ungepflegt aussehenden Mann sitzen. Mein Handy lag auf der Konsole vom Laufband und mir fiel sofort auf, dass der Mann eine Hand hinter dem Rücken hatte. Ich konnte nicht aufhören, ihn zu beobachten, und war jeden Moment dazu bereit, hinter der nächsten Wand Deckung zu suchen. Ihr lacht jetzt wahrscheinlich, aber ich meine das todernst.
Wie gesagt, diese Paranoidität wird sicherlich wieder abnehmen, aber drei Raubversuche in sechs Monaten wirken sich schon irgendwie auf die Psyche aus. Man lernt, Leute zu beurteilen. Der sieht gefährlich, der eher ungefährlich aus. Man lernt, von manchen Leuten fernzubleiben, sich auf der Straße nicht ansprechen zu lassen. Ist das nicht genau das Gegenteil, was mir 13 Jahre lang in der Schule beigebracht wurde, "alle Menschen sind gleich"? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich fünf Mal auf der Straße angesprochen wurde. Drei Mal davon wurde ich fast ausgeraubt. Das macht eine 60% Quote, dass jemand mir etwas Böses will. Auch an diesem Tag wurde ich von einem Mann angesprochen. Screening-Raster: potentiell gefährlich. Ich war sofort hellwach, machte einen Ausfallschritt und sprintete los. Schon im Oktober sagte Julian: "Kolumbien hat mich Misstrauen gelehrt." Ich stimme zu.
Abends treffe ich mich mit Johannes, der auch mit AFS hier ist und im Zoo arbeitet, im nahe gelegenen "Parque del Perro" (Hundepark). Der Name kommt übrigens nicht von einer Hundefreilaufzone - das interessiert hier eh keinen - sondern von einer Hundestatue. Ein Junge, vielleicht 14, 15 Jahre alt, kommt auf mich zu. Einschätzung: potentiell gefährlich. Ich riskier's und bleibe sitzen.
"He, Gringo, willst du Drogen?" - "Nein danke, ich kiffe nicht." Marihuana sieht - und riecht - man hier abends an jeder Ecke. "Koka, Gringo?" Und der Junge packt fein säuberlich verpackte Beutelchen mit weißem Pulver aus. "Nein danke, auch kein Kokain. Außerdem bin ich kein Gringo." Gringo bedeutet schließlich US-Amerikaner. "Wieso redest du dann so komisch?" - "Ich komme aus Deutschland." - "Aha. Und du willst wirklich nichts?" Ich denke: Solltest du nicht lieber schlafen gehen? Übermorgen hast du Schule, mien Jung'.
In Anbetracht der Programmrichtlinien, meiner Gesundheit, und eines möglichen medizinischen Tests der Lufthansa verzichte ich auf's Kokain. Man denkt ja, es gibt in Kolumbien an jeder Ecke Drogen. Das ist übertrieben - sagen wir besser, jede zweite. Ich kann schon gar nicht mehr zählen, wie oft mir Drogen angeboten wurden oder ich sie gesehen oder gerochen habe. Man gewöhnt sich dran und stumpft  irgendwie ab.


Die Kirche "San Bosco". Rechts sichtbar ein Bus von "Gris San Fernando" (Grauer San Fernando).

So, genug geschrieben. Ich hoffe, euch einen kleinen Einblick in meine Welt gegeben zu haben - und besonders in mein Gefühlsleben. Es ist eine komplett andere Welt hier für mich und oft werdet ihr festgestellt haben, wie neu jeder Tag für mich ist. Ich verstehe, rege mich auf, lerne, staune und freue mich - jeden Tag aufs Neue.

4 Kommentare:

  1. Hallo Lars,
    Also - mit Schlaglöchern können wir hier in Hamburg auch dienen!!


    www.mopo.de/2010/.../hamburg/.../schlagloecher_bremsen_hamburg_aus.html

    Gruß, UV

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  2. Hallo Lars,
    super interessant und toll zu lesen, was du schreibst!!! Viele Sachen erinnern mich auch an Mexiko, nur Überfälle sind mir zum Glück noch nicht vorgekommen!!! Ganz liebe Grüße nach Cali!!!
    Fanny

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  3. Hi Lars, ich lese deine Aufzeichnungen mit Vergnügen, weil ich selbst seit einigen Jahren zeitweise (derzeit) in Cali wohne. Du hast ein gutes Auge für jene typisch kolumbianischen Seltsamkeiten, die dieses Land zugleich chaotisch und liebenswert machen. Die Schattenseiten gibt es leider auch. Und nicht zu knapp ...

    Saludos
    Wolf (Cali/Wien)

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  4. Hallo,
    wunderbar diese Geschichten.
    Du hast wirklich (so wie es "wolf" schon geschrieben hat) ein gutes Auge für jene typisch kolumbianischen Seltsamkeiten, die dieses Land zugleich chaotisch und liebenswert machen. Dies bringst Du auch gut rüber ein deinen Texten. Schön.

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