Sonntag, 9. Mai 2010

Navidad, Año Nuevo, y entre medias. Parte Dos

Weihnachten, Neujahr, und zwischendurch. Teil Zwei

Weiter geht's!


Am nächsten Tag fand der "Viejo Carneval" ("Alter Karneval") statt. Dieser zeigte, wie die "Feria" - der Karneval - vor etwa fünfzig Jahren war. Ich war mit einigen Freunden unterwegs und saß somit nicht mehr auf der VIP-Tribüne, sondern auf einer ganz normalen Tribüne - ohne Dach. Das war natürlich bei 35°C und brennender Sonne etwas unglücklich, sodass ich abends doch gut gerötet nach Hause kam.


Es dauerte erwartungsgemäß wieder ein Weilchen, bis es endlich los ging. Währenddessen traten einige Straßenkünstler auf.


Wenn man keine Partnerin hat, macht man es halt mit dem Hund. =D

Nun die Frage: Wie kann man als Zuschauer auf der Tribüne dem Mann mit einer "moneda" - einem Geldstück - seine Anerkennung zuteil werden lassen? Runter gehen? Nee, zu viel Arbeit. Geld nach vorne geben? Nee, das steckt der Vordermann in seine Tasche. Also wird das Geld halt nach unten geworfen - manchmal in die Nähe, manchmal auch direkt auf die Person. Ich möchte sagen, eine typisch kolumbianische Aktion - nicht besonders effizient, aber effektiv.
Doch besonders neuartig war die Vorführung dann auch nicht - schließlich sieht man Straßenkünstler an jeder Ampel, die für ein paar Pesos jonglieren, mit Bändchen rumwedeln, Menschenpyramiden bauen, und so weiter und so fort. Da erkennt man den Unterschied zu Deutschland, wo man für jede geringfügige Beschäftigung eine Lizenz braucht und Steuern und Abgaben zahlen muss. Doch hier wird das Ganze eher locker gehandhabt und so kommen ansonsten Arbeitslose zu ein bisschen Geld durch die Darbietung dieser Aktivitäten oder den Verkauf von Obst, Kaugummis, Schokoriegeln, Landkarten und Kugelschreibern. Schließlich gibt es keine Arbeitslosen- oder Sozialhilfe wie in Deutschland.


Was ist denn nun besser? Hartz IV wie in Deutschland, aber konsequente Besteuerung aller wirtschaftlichen Aktivitäten, oder keine staatliche Unterstützung wie hier in Kolumbien, dafür aber die Möglichkeit für jeden, Geld steuerfrei zu verdienen? Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte. Grundsätzlich finde ich es gut, dass man hier ohne bürokratische Hürden leicht Geld verdienen kann.
Doch als mein Gastonkel mir ganz stolz seine Geschäftsidee vorstellte - Import von elektronischen Reifendruckmessgeräten aus China - und damit eine Million Pesos verdienen wollte, was in etwa 400 Euro entspricht, fragte ich mich, ob er wohl Importzoll oder Steuern zahle - wohl kaum. Ein paar Minuten später beschwerte er sich dann, dass es viel zu wenig Polizei auf den Straßen gäbe - was auch stimmt - und der Staat keine Autorität habe. Aber seit wann dürfen sich denn Steuerhinterzieher bitte über fehlende staatliche Leistungen beschweren, wenn sie selbst kein Geld dazu beitragen? Ich verkniff mir einen Kommentar und bin im Endeffekt doch froh über die deutsche Bürokratie.


"Steuern senken!", sagt da der deutsche FDP-Anhänger, oder "Mehr Eigenverantwortlichkeit!", ergo weniger soziale Sicherheit. Nach neun Monaten in Kolumbien halte ich davon absolut nichts mehr. Natürlich klingen niedrigere Steuersätze gut, doch zu welchem Preis? Hier in Kolumbien sind die Steuern sicherlich niedriger als in Deutschland, doch hinzu kommen die Gehälter für all die Wachmänner, die in jedem Geschäft stehen. Bei uns in der Wohnanlage stehen zwei Hochhäuser mit etwa 40 Wohnungen. Es gibt zehn (!) Wachmänner, von denen immer zwei, rund um die Uhr, da sind. Die werden auch mit der Miete bezahlt, und ganz sicher nicht zum Mindestlohn, sonst wäre wohl kaum Sicherheit gegeben. Das heißt, die niedrigeren Steuern werden durch höhere private Sicherheitsausgaben wieder ausgeglichen.
Der Unterschied: Von Steuern und einer funktionierenden Polizei profitieren alle, von privaten Sicherheitsausgaben profitiert nur man selbst. Und wenn ich eine bestimmte Summe Geld auf zwei verschiedene Weisen einsetzen kann, dann ist es meiner Meinung nach asozial, die Art und Weise zu wählen, bei der nur ich profitiere, wenn bei der anderen Variante die gesamte Gesellschaft etwas davon hat.


Zurück zum Thema: Endlich ging es los, und zwar mit Toten und Teufeln.


Kolumbien ist ja stark katholisch geprägt, und so war natürlich ursprünglich einmal das Ziel der Feria als Karneval, die bösen Geister zu vertreiben.


Eine interessante Kombination ergab sich aus der christlichen Religion der spanischen Eroberer ...


... und der Naturreligion der Ureinwohner in Form von Schamanen.


 Wenn in Kolumbien katholische Priester gemeinsam mit Medizinmännern im Karneval auftreten, ...


... wieso kriegen wir dann in Deutschland keinen ökumenischen Gottesdienst hin?


Plötzlich kamen Pfiffe auf, und es wurde wieder geworfen - diesmal jedoch nicht mit Geldstücken, sondern mit Papierknödeln, und zwar auf diese zwei, die durchaus Mut bewiesen mit ihrem Plakat.


In dem fordern sie nämlich die Abschaffung der Stierkämpfe, die ich ja auch schon miterleben durfte. Die gehören jedoch für die "caleños" (Einwohner von Cali) dazu, denn ...


... die "Feria ohne Stiere ist keine Feria." Dementsprechend war dann auch das Verhalten der Menschenmassen ...


... gegenüber den Demonstranten.


Nach der abschließenden Musikparade ging es abends noch, wie fast jeden Abend während der Feria, zur "rumba" (Feier, Party - alles was mit Spaß, Tanz und dem obligatorischen Schnaps Aguardiente zu tun hat).


Feiern ist in Kolumbien eine ganz andere Angelegenheit als in Deutschland. In den Diskos wird meistens ein Mix aus den lokalen Tänzen Salsa, Merengue und Reggaetón zusammen mit internationaler Elektro- und House-Musik gespielt, was im Vergleich zu dem Dauer-House in deutschen Clubs eine gelungene Abwechslung darstellt. Man tanzt halt bei Salsa, Merengue oder Reggaetón direkt mit den Mädchen und hat bei Elektro und House seinen Spaß in der Gruppe. Ich glaube, das werde ich in Deutschland vermissen.


In Cali wurde während der Feria die Sperrstunde von zwei auf drei Uhr gelegt, aber in Cali ist feiern sowieso nicht so klasse. Besser fährt man nach Menga, außerhalb der Stadt gelegen, wo zwanzig Diskotheken - und mindestens ebenso viele Stundenhotels für danach - dicht an dicht gedrängt stehen. In jedem Reiseführer steht, man solle unbedingt zu Feiern nach Juanchito fahren, ein weiterer Vorort von Cali. Davon hat mir jedoch jeder - wirklich JEDER - Kolumbianer von abgeraten, da es besonders für mich als Weißen dort gefährlich sei. Waldbande und so.


Dieser Party-Bus ist eine sogenannte "Chiva", auf der ich auch schon einmal gefahren bin. Chivas sind fahrende Diskos mit etwa dreißig bis sechzig Passagieren, die tanzen, trinken und Spaß haben. Also ganz eindeutig "rumba" - vor allem mit dem Gedanken im Hintergrund, dass das Ganze in Deutschland definitiv illegal wäre.
Die Busse sind etwa fünfzig Jahre alt und nicht in der allerbesten Form, was in Verbindung mit der Kupplung, den Schlaglöchern und dem Aguardiente das Tanzen nicht ganz einfach gestaltet. Genial! Das Ganze findet natürlich normalerweise nachts statt - dieses Bild stammt vom "Desfile de Carros Antiguos", der "Parade der Alten Autos", die am letzten Tag der Feria stattfand.


Wie bei der Pferde-Parade darf jeder "caleño" mit seinem alten Auto an der Parade teilnehmen, was auch fleißig getan wurde.


Besonders gut gefiel mir der folgende Mafia-Wagen.


Auch zwei deutsche Autos waren dabei, ...


... wobei ich vom zweiten kein Bild habe. Vielleicht auch besser so - schließlich war es ein alter VW bestückt mit Hakenkreuzflaggen, gefahren von einem Mann als Hitler verkleidet. Kolumbianer finden so etwas lustig, im Gegensatz zu mir. Leider ist das Auto kein Einzelfall.
Freundlich gemeinten Begrüßungen im Stile von "Heil Hitler" begegne ich meist mit einem Stirnrunzeln und dem Hinweis, dass Adolf Hitlers Regime sechs Millionen Menschen umgebracht habe. Die Begrüßung "Hallo, Pablo Éscobar" hebe ich mir für den Wiederholungsfall auf.
Dass jedoch schwarze Busfahrer an ihrer Tür ein Hakenkreuz haben, ist so traurig, dass es schon wieder komisch ist. Ich möchte dann am liebsten sagen: "Hey, mit dem Symbol haben Leute vor 60 Jahren in Deutschland versucht, genau Typen wie dich umzubringen, weil du in ihren Augen eine minderwertige Rasse bist. Stell dir doch gleich einen Ku-Klux-Klan-Hut auf's Dach!" Aber dann sage ich lieber doch nichts und lasse den Busfahrer in seiner Unwissenheit verweilen.


Das folgende Militärgedöns war leider etwas langweilig, sodass die Aufseher versuchten, ein bisschen Stimmung zu machen.


So beschimpften wir die auf der anderen Seite sitzenden Zuschauer als "paliluchos", also Bleichgesichter, da sie im Schatten saßen. Eigentlich hätten wir ja auch alle gern im Schatten gesessen, aber wenn die anderen schon mal besser dran sind, dann beleidigen wir sie einfach. Cooles Motto.


Leider war damit die Feria auch schon vorbei, doch ich freute mich noch auf Neujahr. Böller und "rumba"? Weit gefehlt, zu früh gefreut. Genau wie Weihnachten ist Neujahr in Kolumbien das komplette Gegenteil zum deutschen Pendant. So hieß es am 31. Dezember "Stille Nacht", denn der Verkauf von Feuerwerkskörpern ist in Kolumbien wegen der Gefahr verboten.
Als ich das höre, denke ich mir, Passion - das sieht man hier sicher nicht so eng. Denkste! Alle fünf Minuten hörte man mal einen Knall, und man konnte sich um Mitternacht das offizielle Feuerwerk der Stadt angucken. Ansonsten war tote Hose - kein Wunder, dass man da auf so ausgefallene Brauchtümer wie "zwölf Trauben zu Mitternacht essen" oder "gelbe Unterwäsche anziehen" kommt.

So feierte ich mit meinem Gastvater, ...


... mit meinen Cousinen und mit meinem Gastbruder, ...


... mit meiner damaligen Freundin, mit dem Rest der Großfamilie und mit ganz viel Aguardiente und Rum ein eher ruhiges Silvester.

In diesem Sinne ein frohes restliches 2010, euer Lars

Sonntag, 25. April 2010

Navidad, Año Nuevo, y entre medias. Parte Uno

Weihnachten, Neujahr und zwischendurch. Teil Eins

Besser spät als nie! Das war mein Gedanke, als mir aufgefallen ist, dass ich ja noch gar nichts über Weihnachten und Neujahr geschrieben habe. Und, noch viel wichtiger, über das Zwischendrin.
Nach meiner Rückkehr aus der Karibik blieben nur noch wenige Tage bis Weihnachten. Zum Glück hatte ich schon alle Geschenke besorgt und konnte mich so ganz entspannt in Weihnachtsstimmung bringen. Doch bei 30 Grad und Sonne fiel es mir schwer, das Fest freudig zu erwarten. Es ist ein ganz klarer kultureller Unterschied, dass Weihnachten für uns Deutsche gleichzeitig auch Schnee, Eis und kalt bedeutet.


Zur Weihnachtszeit wird in Cali seit vielen Jahrzehnten der Fluss „Río Cali“ (Cali-Fluss) geschmückt und abends beleuchtet.


Dieses so genannte „alumbrado“ (wörtlich: das Beleuchtete) besteht daher aus vielen Figuren, die mit Lichterketten bestückt über den Fluss gespannt werden. Viele der 2,5 Millionen „caleños“ (Einwohner von Cali) besuchen das „alumbrado“ mit Freunden und Familie - so auch ich.


Das Motto von Cali ist „un nuevo latir“, was in etwa „ein neuer Puls“ bedeutet.


Und das ist nicht nur bloßes Marketing-Blabla wie ein Koalitionsvertrag in Deutschland, der noch nicht einmal das Papier wert ist, auf dem er gedruckt ist. Nein, man kann in Cali den Fortschritt tatsächlich sehen. Das beste Beispiel ist das MIO-Bussystem, das noch in den Kinderschuhen steckte und zehn Linien hatte, als ich ankam. Mittlerweile sind es über dreißig und es kommen monatlich neue Linien dazu.
Die Veränderung, die Bewegung, der Fortschritt - alles ist spürbar! Das ist ein Gefühl, das ich so aus Deutschland nicht kenne. Wenn ich wiederkomme, wird der Bus im Garstedter Weg immer noch alle zwanzig Minuten fahren, die U-Bahn alle fünf Minuten, der REWE in Niendorf Nord hat bis 22 Uhr auf, und Brötchen hole ich bei Kolls.
Wenn ein „caleño“ nach einem Jahr Abwesenheit wiederkäme, so fände er plötzlich vor seiner Haustür eine neue Bushaltestelle vor, die Straße wäre frisch geteert ohne Schlaglöcher und nebenan stünde plötzlich ein Supermarkt. Dagegen ist Deutschland einfach nur langweilig. Und genau deshalb verbringen Kolumbianer ihren Urlaub zu Hause oder entspannen einfach mal nur, während meine Eltern in ihrem Jahresurlaub Kolumbien erkunden werden.
Wir Deutsche suchen das Abenteuer, das uns der entwickelte Staat nicht geben kann. Alles ist immer gleich - das gibt Planungssicherheit, aber ermüdet. Im Gegensatz dazu hat der durchschnittliche Kolumbianer genug Abwechslung und Abenteuer täglich - von mir auch als „Passion“ bezeichnet. Wenn ich heute nicht weiß, ob der Bus morgen pünktlich fährt, ich übermorgen arbeiten muss oder in der Schule gerade die Mücken ausgeräuchert werden - ein aktuelles, reales Beispiel - oder nächste Woche meine Straße nicht plötzlich eine Einbahnstraße geworden ist, dann will ich in meinen jämmerlichen zwei Wochen Jahresurlaub keine Aufregung, keine Überraschung, kein Abenteuer. Ich will Ruhe und Eintönigkeit.


Doch wie gesagt, nur im Urlaub. Zu Weihnachten sieht das Ganze doch etwas anders aus. Heiligabend? Stille Nacht? Weit gefehlt - im katholisch geprägten Kolumbien wird die Geburt von Jesus gefeiert, im wahrsten Sinne des Wortes. Und feiern können sie, die Kolumbianer. Das bedeutet im Klartext: die Einkaufszentren sind bis 22 Uhr geöffnet, die Bars bis zwei Uhr morgens, und die Bescherung unter dem Plastiktannenbaum dauert nur kurz. Schließlich will man danach ja noch zur „rumba“ (Party, Feier) gehen!


Der besagte Plastiktannenbaum, mit Cousine Valentina und Gastvater Javier, ...


... und eine etwa 10 Quadratmeter große Adventsstadt im Haus meiner Gasttante, mit meiner Gastmutter María Nelly und mir. Zum Glück feierten wir Weihnachten bei meiner Gasttante. So blieb der ganze Kitsch bei uns aus dem Haus.


Um 24 Uhr sieht man in Deutschland wahrscheinlich keine Menschenseele auf der Straße. In Kolumbien dagegen sind die Bars voll mit Menschen, vergleichbar mit einem normalen Freitagabend. Dazu verglichen Deutschland:


Schließlich begann am Tag darauf auch die "Feria de Cali". Vergleichbar mit dem Karneval von Río de Janeiro geht in Cali jedes Jahr vom 25. bis zum 30. Dezember die Post ab - und davon möchte ich euch einen kleinen Einblick zeigen. Neben dem Motto "un nuevo latir" gab es noch zahlreiche andere Sprüche wie "Cali, donde vivir es hermoso" ("Cali, wo das Leben wunderschön ist"), "Cali, donde nadie es extraño" ("Cali, wo niemand fremd ist") oder "Dale, dale, Cali, no pares!" ("Schnell, schnell, Cali, bleib nicht stehen!") Vielleicht findet ihr in den folgenden Bildern und Videos einige Beispiele.


Besonders dieses "dale, dale" ("schnell, schnell") findet man überall in Kolumbien, was verglichen mit der doch eher ruhigen Lebensart der Kolumbianer wie eine Karikatur wirkt. Auch in der Schule fehlt auf keinem Plakat ein "dale" oder auf Englisch ein "hurry up", selbst wenn die betreffende Veranstaltung erst in zwei Monaten stattfindet. Das erinnert mich derweilen an die Futuristen, über die wir im Philosophieunterricht gesprochen haben. Aber wie gesagt, das ist eher eine Karikatur des Lebensstils und daher braucht man sich, so glaube ich, vorerst keine Sorgen um eine Radikalisierung des Fortschritts wie im Futurismus machen.


Das „Salsódromo“ war die erste Parade der Feria, benannt nach dem Tanz Salsa.


Gemeinsam mit meinen Gasteltern nahm ich auf der VIP-Tribüne Platz, wo sich neben uns noch weitere wichtige Persönlichkeiten der örtlichen Politik und Wirtschaft niederließen. Doch das hieß nicht, dass das Ganze eine langweilige Angelegenheit werden sollte, im Gegenteil: es wurde gefeiert, gejubelt und getrunken!


Natürlich durften auch die örtlichen B-Promis nicht fehlen: links die einzige kolumbianische Siegerin beim Schönheitswettbewerb "Miss Universum“ im Jahre neunzehnhundertschießmichtot (Wikipedia hilft weiter: Luz Marina Zuluaga, geboren 1938, Siegerin im Jahre 1958 - ich gebe zu, sie hat sich gut gehalten) und rechts eine kolumbianische Ex-Boxweltmeisterin (da hilft auch Wikipedia nicht mehr weiter).


Hier ein Blick über die Calle 10. Während ich das Straßennetz in Cali erkläre, sind ein paar Bilder vom „Salsódromo“ zu sehen. Die Orientierung ist in Cali nicht ganz einfach, obgleich man durch das Calle/Carrera-System eigentlich keine Probleme haben sollte - „Calle“ bedeutet eine Straße von Norden nach Süden, „Carrera“ eine Straße von Osten nach Westen.


Cali ist jedoch nicht wirklich schachbrettförmig aufgebaut, sodass manchmal Carreras parallel zu Calles verlaufen, so zum Beispiel die Carrera 37 und die Calle 5. Außerdem gibt es noch „Diagonales“ und „Transversales“, und schließlich wird eine Carrera auf der nordwestlichen Seite des "Río Cali" zu einer „Avenida“.


Das heißt jedoch nicht, dass es auf der anderen Seite keine Avenidas gäbe - so heißt zum Beispiel die Calle 6 „Avenida Roosevelt“ und ist auch nur als solche bekannt. Die Calle 13 heißt „Avenida Pasoancho“ und die eben gezeigte Calle 10 geht in die Carrera 26 über und heißt „Autopista Suroriental“ („Südöstliche Autobahn“). Die Calle 70 zweigt von der Calle 25 ab und heißt dann „Autopista Simón Bolívar“, während die Calle 73 „Avenida Ciudad de Cali“ genannt wird.


Ach, drei Straßen nur zwischen der Calle 70 und 73, denke ich mir und steige ich den Bus, der über diesen kleinen Umweg zu meinem Ziel fahren soll. Was der Busfahrer nicht sagte, war, dass er an der nächsten Ampel rechts ins Ghetto abbiegen würde, wo selbst meine Gasteltern noch nie waren. Denn Calle 70 und 73 bedeutet nicht, dass die Straßen nur drei Blöcke voneinander entfernt sind - schließlich gibt es dazwischen noch die Straßen 71, 71A, 71A1, 71A2, 71B, ... bis hin zur 72Y. Genug verwirrt?


Nein, denn nun kommt noch der Trick dazu, dass der Einfachheit halber oft Calle, Carrera und Avenida einfach weggelassen werden. So wohne ich beispielsweise an der Calle 5, die als „la quinta“ („die Fünfte“) bekannt ist. „La sexta“, also „die Sechste“, ist jedoch ganz und gar nicht nah, denn hier ist die Avenida 6 gemeint. „La primera“ („Die Erste“) hingegen ist ganz klar die Carrera 1, und mit „la 70“ ist wieder die Calle 70, also die „Simón Bolívar“ gemeint. Und „La 14“ ist ein Supermarkt. Wer jetzt noch mag, der schaut sich einfach mal das Straßennetz von Cali an.


Selbst die Kinder tanzen schon ...


... zur allgegenwärtigen Salsa, wie man hier auch hören kann.



Und so sieht es aus, wenn man dazu tanzen kann ...



... oder so!



Beeindruckend, oder?


Das Ganze war eine riesige Party und leider nach fünf Stunden schon vorbei.


Am nächsten Tag der Feria fand dann die „Cabalgata“ („caballo“ bedeutet Pferd) statt, wo die Pferdebesitzer aus Cali und Umgebung ...


... durch die Stadt reiten und sich bejubeln lassen darf - eine Pferdeparade quasi.


Neben der Polizei ...


... und dem Militär ...


... waren auch viele Einwohner Calis unterwegs.


Leider war das Ganze eher langatmig und zäh, sodass wir - hier meine Cousine Valentina und der Freund ihrer Schwester, Juan Camilo, sowie im Hintergrund meine Gastfamilie - nicht lange auf der Tribüne blieben.

Nächste Woche gibt es mehr von der Feria und einen Bericht zu Silvester, das wie Weihnachten durchaus anders als in Deutschland ist.

Bis dahin, euer Lars